Rechtsfolgewille

Seit ich Köhlers BGB-AT-Lehrbuch gelesen hatte, verwendete ich den Begriff „Rechtsfolgewille“ anstatt „Rechtsbindungswille“ bei WillenserklĂ€rungen. Ich fand den Begriff einfach griffiger.

Zur Erinnerung:

WillenserklÀrungen haben nach konventioneller Darstellung einen subjektiven und einen objektiven Tatbestand.

Dabei untergliedert sich der subjektive Tatbestand in Handlungswille, ErklĂ€rungsbewußtsein und GeschĂ€ftswille. Der objektive Tatbestand besteht aus Rechtsbindungswille und der Äußerung selbst.

So weit, so gut. Wie spielt nun der Rechtsfolgewille hinein?

Bei Köhler ist es ganz einfach: Rechtsfolgewille ist synonym zu Rechtsbindungswille. In Rn. 3 zu § 6 findet sich ein Schaubild mit dieser Beschriftung:

Kundgabe eines Rechtsfolgewillens (= Rechtsbindungswillens)

Brox/Walker ignorieren den Begriff des Rechtsfolgewillens gÀnzlich.

Förster schreibt in seinem Lehrbuch unter Rn. 88 zur subjektiven Seite:

Das ErklĂ€rungsbewusstsein, fĂŒr das auch die AusdrĂŒcke ErklĂ€rungs– oder Rechtsbindungswille gelĂ€ufig sind,


Staudinger/Singer kommentiert in Vorbem. zu §§ 116–144, Rn. 29:

Vom Rechtsfolgewillen streng zu unterscheiden ist aber der so genannte Rechtsbindungswille.

Der Rechtsfolgewille ist hier aber identisch mit dem GeschÀftswillen:

Da der GeschÀftswille darauf gerichtet ist, bestimmte Rechtsfolgen in Geltung zu setzen, wird der sog Rechtsfolgewille als Synonym des GeschÀftswillens verwendet (aaO).

Dann verweist er auf BGHZ 91, 324:

Trotz fehlenden ErklĂ€rungsbewußtseins (Rechtsbindungswillens, GeschĂ€ftswillens) liegt eine WillenserklĂ€rung vor


Was bedeutet das nun? Köhler hĂ€lt den Rechtsfolgewille fĂŒr synonym zum Rechtsbindungswillen (also objektive Seite). Förster sieht den Rechtsbindungswillen wiederum synonym zum ErklĂ€rungsbewußtsein, womit er den Rechtsbindungswillen plötzlich auf der subjektiven Seite verortet. Der Staudinger unterscheidet Rechtsbindungs– und Rechtsfolgewillen scharf und sieht letzteren synonym zum GeschĂ€ftswillen, womit auch er auf der subjektiven Seite ist, also kontrĂ€r zu Köhler. Und der BGH vermischt munter alles und scheint — mit billigendem Verweis aus dem Staudinger heraus, trotz der angeblich scharfen Trennung! — ErklĂ€rungsbewußtsein, Rechtsbindungswillen und GeschĂ€ftswillen fĂŒr im wesentlichen identisch zu halten. Womit die subjektive und die objektive Seite endgĂŒltig verwurstet sind.

Letzten Endes halte ich mich vom Begriff des Rechtsfolgewillens weit entfernt, weil jeder etwas anderes darunter versteht.